Affective Archive of Memory and Temporalities

Das Projekt Affective Archive of Memory and Temporalities beschäftigt sich mit Fragen nach dem Umgang mit der Transformation von Erinnerung und Erinnerungsorten sowie deren Kartografierung und Archivierung. Ausschlaggebend für unsere Überlegungen und Pläne des Projekts war der Umgang mit Orten der Nazi-Verbrechen, welche neben den im Wissenskanon etablierten Konzentrationslagern stehen und an denen oftmals kaum noch etwas oder gar nichts mehr an das Geschehene erinnert. Zumeist erfolgt an diesen Orten keinerlei Wissensvermittlung und wenn doch, stets ausgehend von lokalen Initiativen, AktivistInnen und/oder den Hinterbliebenen der Opfer. Jedoch findet sich nahezu an jeder Stelle, die man auf einer Karte markieren könnte, ein Ort von Geschichte und Geschichten, die nicht vergessen werden sollten. Ausgehend von diesen Überlegungen und unserer künstlerischen und theoretischen Praxis, möchten wir als artistic research an der Schnittstelle von lokalem Bezug und Digitalität, die Geschichte von Orten und Erinnerungsorten, die verschwinden, unsichtbar sind oder verhindert werden, thematisieren.

Das Ziel

ist es, Strategien zu finden, durch die sich diese Orte in unser Archiv kollektiven Wissens einschreiben und jenes stets aktualisieren. Sowohl bereits erschlossene als auch bisher oder inzwischen verborgene Erinnerungsorte werden in einem commons-basierten, virtuellen Opensource-Atlas (als Alternative zu Google Earth) markiert und visualisieren so eine neue Kartografie der Erinnerung für die Gegenwart und Zukunft, in der dann alternative, zum bestehenden Wissenskanon gegenhegemoniale Geschichten der Welt erzählt werden und in ständiger Bewegung wachsen. Personen, die sich an einem bestimmten Ort aufhalten, sollen mittels des Projekts an die Geschichte dieses Ortes gelangen, durch Wissensvermittlung die in situ geschieht und einen leichten Zugriff durch beispielsweise QR-Codes ermöglicht.

Diese könnte man in diesem Zusammenhang als kleinstmögliche und jedoch gleichsam unmissverständlich codierte Verweise auf Erinnerungsorte begreifen, hinter denen sich eine Verkettung virtuell versammelten Wissens erschließt. Da das im Laufe des Projektes entstehende Archiv als Langzeitarchiv ausgelegt ist, dem eine niemals abgeschlossene Aktualisierung inhärent ist, wird es unabdingbar, ein Kollektiv zu bilden, das gemeinsam an dem Projekt arbeitet und eng mit Initiativen, AktivistInnen und Communities verbunden ist, deren Wissen zu einzelnen Orten und Geschichten bereits in diversen Publikationen, Aktionen und Interventionen aufgearbeitet existiert. Einen weiteren, maßgeblichen Anteil des Vorhabens bilden künstlerische Interventionen jeder Form, die sowohl lokal präsent als auch virtuell stattfinden können und digital aufbereitet werden. Künstlerische Forschung kann dabei auch als affektive Art der Wissensvermittlung agieren und Gedenkorte schaffen, wo dies physisch nicht mehr möglich ist, verhindert oder nicht gewollt wird. Erinnerungsorte sollen mittels Augmented Reality visualisiert und dabei besonders für die Zielgruppe Jugendlicher und junger Erwachsener zugänglich werden. Hierfür ist erneut notwendig, ein kollektives Netzwerk zu schaffen, das Fähigkeiten, Ressourcen etc. von Menschen, die in diesem Projekt zusammenarbeiten, vereint. Mit AR sollen Orte markiert und visualisiert werden, wie sie in der Vergangenheit waren und so durch ein Endgerät in die Gegenwart geholt werden (beispielsweise ZwangsarbeiterInnenlager an deren Stellen jetzt nur noch Wiese und Wald zu sehen sind und es keinen Hinweis auf das Geschehene gibt). Diese Form der Wissensvermittlung befindet sich somit an der Schnittstelle von Digitalisierung, neuen Medien, Forschung und Kunst.